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Das Geschenk der späten Jahre

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EigenSinnMenschenWiedersehen mit Walter
Diessener-Weihnachtsmarkt
Der Dießener Weihnachtsmarkt vor dem Marienmünster. Foto: Anne Bauer

Wir treffen einen alten Freund auf dem Dießener Christkindlesmarkt

Wiedersehen mit Walter

In München sind wir uns hin und wieder zufällig über den Weg gelaufen, weil er nicht weit von unserer alten Wohnung lebt. Jetzt wissen wir, wo wir ihn mit Sicherheit antreffen: auf dem Weihnachtsmarkt in Dießen, wo er schon seit vielen Jahren Musik macht und wo er inzwischen sowas wie eine Institution geworden ist. So sind wir auch diesen Advent schnell mal rüber zum Ammersee gefahren, um unseren alten Freund Walter wiederzusehen.

Autorin: Ulrike

Am 2. Advent des gerade zu Ende gegangenen Jahres sind wir zum Weihnachtsmarkt nach Dießen am Ammersee gefahren. Wir wollten dort Walter wiedersehen, sein Name stand im Vorweihnachtsprogramm für den Landkreis Starnberg. Schon im vergangenen Jahr sind wir deshalb hingefahren. Von unserer neuen Heimat Wörthsee aus liegt der Ammersee ja um die Ecke, und Dießen ist in einem knappen halben Stündchen zu erreichen.

Hier gibt es nur Selbstgemachtes

Der Weihnachtsmarkt dort ist etwas Besonderes. Die Buden sind von Kerzenschein erleuchtet, denn elektrisches Licht ist auf dem Markt nicht erlaubt. Nach dem kommerziellen Angebot anderer Weihnachtsmärkte sucht man hier vergebens. An den Ständen findet man Kunst und Kunsthandwerkliches sowie Selbstgemachtes aus Leder, Filz, Holz, Papier, Stoff und ähnlichen Materialien. Die Schafe, die wohl die Wolle für die hübschen Stricksachen geliefert haben, stehen auch da.
Recht malerisch sehen sie aus, die Buden auf dem weiten Platz vor dem Dießener Marienmünster.

Die Fassade des Marienmünsters in Dießen. Foto: Anne Bauer
Die Fassade des Marienmünsters in Dießen bildet den Hintergrund zum Weihnachtsmarkt. Foto: Anne Bauer

Und hier sorgt Walter seit nun bald 30 Jahren bei Wind und Wetter für die musikalische Untermalung des Marktgeschehens. Er sitzt auf seinem kleinen Stuhl, gleich neben dem altmodischen Puppentheater. Hin und wieder steht er auf, greift nach seiner Ziehharmonika und spielt und singt dazu. Alte italienische Volksweisen, eine Art „Gstanzln“ im neapolitanischen Dialekt, Lieder aus der Tradition der Commedia dell’Arte. Mit den um seinen rechten Knöchel gebundenen Schellen stampft er den Takt dazu, und zwischen den einzelnen Strophen bläst er in die Mundharmonika, die er an einem Gestell um den Hals trägt.

Walter mit seiner Harmonika. Standfoto. Stephan Bleek
Walter spielt alte italienische Volksweisen auf seiner Harmonika. Standfoto: Stephan Bleek

Walter hat inzwischen die Mitte der 70 überschritten, er sieht nicht mehr gut. Man muss sich ihm vorstellen, damit er einen erkennt. Aber er steckt nach wie vor voller Energie, hat jede Menge Ideen für neue Projekte im Kopf, ist neugierig auf alles und jeden. Auf dem Markt kennt und schätzt man ihn, er ist eine Institution.

In München waren wir fast Nachbarn

Auch wir kennen Walter seit vielen Jahren. Er wohnt schon immer in einem Hinterhaus in der Schellingstraße, inmitten von Büchern, die sich bis unter die Decke stapeln. Hin und wieder haben wir ihn in unserer Münchner Zeit auf der Straße getroffen, wir waren fast Nachbarn.

 

Chartres, das Nordportal der Kathedrale. Foto: Stephan Bleek
Hier auf den Stufen des Nordportals der Kathedrale von Chartres spielte Walter damals die Drehleier. Foto: Stephan Bleek

Walter hat immer schon besondere Musik gemacht. Mit seiner Drehleier hat er auf unserer Hochzeit aufgespielt, für unseren Film › über die Kathedrale von Chartres haben wir ihn als mittelalterlichen Bänkelsänger engagiert. Walter war auch Pop-Art-Künstler. Seine dreidimensionale Version von Dürers Feldhase ›› , dem er einen Stall mit Hasendraht, Stroh und Karotte verpasste, war – unter anderem – im Münchner Haus der Kunst ausgestellt und zierte das Titelbild des Stern im Dürer-Jahr 1971.
Wovon genau er seinen Lebensunterhalt bestritten hat, war uns eigentlich nie so ganz klar. Auf jeden Fall war und ist er ein Lebenskünstler. Nach wie vor  hat er viele FreundInnen und VerehrerInnen und aus einer seiner Beziehungen gibt es einen Sohn, der ihm, wenn nötig, unter die Arme greift.

Das Geheimnis des verschlossenen Kellers

Mein Mann hat schon einiges mit Walter erlebt, lange vor meiner Zeit. Gern erzählt er die Anekdote, wie sie zusammen eine „kunsthistorische Entdeckung“ gemacht haben.

Detail der Stiegenbemalung im Münter-Haus. Foto: Ulrike Ziegler

Und das kam so:
Walter lebte damals – unter anderem – davon, dass er in seinem alten Lieferwagen Kunstwerke von einem Museum zum andern transportierte. Wer das nicht wusste, hätte in der unauffälligen Kiste mit dem etwas wunderlichen Fahrer niemals eine so wertvolle Fracht vermutet.
Eines Tages hatte er den Auftrag, vom Münchner Lenbachhaus einen alten bemalten Bauernschrank  ins „Russenhaus“ ››  nach Murnau zu bringen, wo einst das Künstlerpaar Gabriele Münter und Wassily Kandinsky gelebt hatte. Dort sollte nämlich nach dem Tod der letzten Mieterin eine Erinnerungsstätte eingerichtet werden, nach dem Willen Gabriele Münters, die ihr künstlerisches Erbe und das ihres einstigen Lebensgefährten dem Lenbachhaus vermacht hatte.

Die Kuratorin war entzückt

Walter fuhr also hin, in Begleitung der Kuratorin des Projekts. Und er bat meinen Mann, der damals in Uffing am Staffelsee wohnte, mitzukommen und ihm beim Tragen zu helfen.
Nachdem die beiden Männer den Schrank ins Haus gebracht hatten, gingen sie in den Keller. Dort gab es einen Raum, der schon seit Jahrzehnten verschlossen war und von dem niemand wusste, was er verbarg.
Mit einem Schlüssel, den die Kuratorin aus München mitgebracht hatte, öffneten sie die Tür. Und als sie sich an die Dunkelheit in dem Raum gewöhnt hatten, sahen sie, dass er bis unter die Decke angefüllt war mit Möbeln, von Münter und Kandisnky nach eigenen Entwürfen bemalt. Einige der Möbel sind auf Münter-Gemälden zu sehen, doch als das Vermächtnis der Künstlerin vor Jahren nach München gebracht worden war, waren diese Möbel nicht dabei und man wusste nichts von ihrem Verbleib.
Die Münter hatte sie also in den Keller verbannt, um nicht mehr an die glücklichen Zeiten mit Kandinsky erinnert zu werden, nachdem der Geliebte sie verlassen hatte.
Die Kuratorin war von dem Fund entzückt. Und heute kann man diese Möbel im Münter-Haus bewundern.

 

Walter beim Marktrundgang. Foto: Ulrike Ziegler
Mit Walter lernt man viele spannende Leute kennen. Foto: Ulrike Ziegler

 

Feuerstelle. Foto: Stephan Bleek
Auf dem Wörthseer Weihnachtsmarkt gibt es Muscheln, am offenen Feuer gegart. Foto: Stephan Bleek

Walters Energie scheint unerschöpflich

Noch andere solche „Weißt du noch“-Geschichten wurden ausgetauscht, während wir mit Walter über den Weihnachtsmarkt schlenderten. Vor bestimmten Ständen blieb er stehen, um ein Ständchen zu geben. Und immer wieder haben ihn Leute angesprochen, die ihn kennen, vom Weihnachtsmarkt oder von anderen Gelegenheiten, denn Walter ist viel unterwegs.
Auch eine Freundin, die auf dem Markt ihre Werke anbietet, hat er uns vorgestellt. Die beiden gehen regelmäßig zusammen in die Berge zum Wandern – und zwar erst seit kurzem!
Was Lebensfreude, Energie, Spaßhaben angeht, kann nan noch einiges von Walter lernen …

Nachdem wir uns gegenseitig versprochen hatten, nicht wieder ein Jahr bis zum Wiedersehen zu warten, fuhren wir zurück nach Wörthsee, um uns auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt an Austern und Muscheln „à la Moutarde de Meaux“, zu laben, gegart im großen Kupferkessel auf offenem Feuer.

Da sage noch einer, auf dem Land wisse man nicht, das Leben zu genießen!

 

 

 

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