Früher hatte ich, wie die meisten Leute, die ich kenne, eine Putzfrau. Sie hieß Maria, kam aus Polen und war sehr nett. Fast war sie sowas wie ein Mitglied der Familie. Sehr sauber hat sie jedoch nicht geputzt. Spinnweben hat sie geflissentlich übersehen und in den Ecken musste ich auch immer mal wieder selbst nachwischen.
Dann saß ich ein paar Wochen zuhause, wegen eines Knöchelbruchs an den Sessel gefesselt. Und so hatte ich Gelegenheit, Maria beim Putzen zuzuschauen. Dabei wurde mir einiges klar und ich dachte darüber nach, ob es was ändern würde, ein ernstes Wort mit ihr zu reden. Ich kam zu dem Schluss, nein, es würde nichts ändern. Ich hatte Ähnliches schon früher versucht und das Ergebnis war nur, dass Maria schwer gekränkt war. Und sie war doch so nett ….
Nach zwei Stunden war sie wieder weg
Dann kam eines Tages eine Person, die ich noch nie gesehen hatte. Wie sich herausstellte, war sie von Maria geschickt worden – offenbar nicht zum ersten Mal. Sie kannte sich in meiner Wohnung aus, sprach kaum ein Wort Deutsch, und nach zwei Stunden anstatt der vereinbarten dreieinhalb war sie wieder verschwunden. Bezahlen ließ sie sich aber für dreieinhalb Stunden – das Rückgeld nahm sie wortlos mit.
Maria betrieb also eine Art Subunternehmen, indem sie eher zweifelhafte Ersatz-Putzleute schickte, von denen man nichts wusste.
Ich fand das weniger nett.
Damals hatte ich viel Zeit, zu lesen. Da fiel mir ein Buch mit dem irritierenden Titel Putzen als Passion ›› in die Hände, geschrieben von einer Professorin für Philosophie namens Nicole Karafyllis. Die Rezensionen waren euphorisch. Und nachdem ich das Buch gelesen hatte, stand mein Entschluss fest: ab sofort würde ich selbst putzen.
Ich informierte Maria über diesen Entschluss, die darüber nicht traurig schien. Und dann ging ich es an. Ich konnte es kaum abwarten, loszulegen, so sehr hatte mir dieses Büchlein Lust aufs Putzen gemacht. Die Autorin geht die vielen Aspekte des Themas philosophisch an. Ihr Buch gesteht dem Menschen das Rechts aufs Schmutzen zu und ebenso das Recht, das Putzen zu genießen. Es ist amüsant, frech, auch satirisch und voll augenzwinkerndem Humor geschrieben – ein echtes Lesevergnügen.
Ich putze jetzt selber
Seitdem – vier Jahre sind es jetzt – putze ich also selber. Nicht sehr oft, wir sind gottlob keine Sauberkeitsfanatiker. Zwischendurch ein bisschen staubsaugen und -wischen und das Bad reinigen, das passt für eine gewisse Zeitspanne. Aber dann spüre ich plötzlich, wie sie wieder über mich kommt, die Lust aufs Putzen!
Der Trick ist, es bewusst zu tun. Sich darauf einzulassen, es als meditative Übung zu verstehen.
Es funktioniert wirklich! Ein Nebeneffekt ist, dass man plötzlich all die Dinge, die man sich im Lauf des Lebens angeschafft hat, nicht mehr nur als lästige Staubfänger betrachtet, sondern sich durch das liebevolle Berühren wieder ganz neu aneignet und würdigt.
Danach fühle ich mich froh und glücklich
Und dann, nach drei bis vier Stunden Saugen, Wischen, Schrubben und Kratzen (auch mein Mann darf sich mit untergeordneten Arbeiten beteiligen!), wenn ich erschöpft aufs Sofa sinke und den Blick über die glänzenden Oberflächen schweifen lasse, fühle ich mich froh und glücklich und auch stolz, dass ich es wieder geschafft habe.
Dieses schöne Gefühl hält ein paar Tage an. Und dann fängt alles wieder von vorne an.
Nachtrag: Durch Zufall bekam ich in der Zeit meiner erzwungenen Unbeweglichkeit ein weiteres Buch zum Thema Putzen geschenkt: Wisch und weg›› von der Finnin Maria Antas, sehr schön aufgemacht und mit hinreißenden Illustrationen von Kat Menschik. Auch dieses Buch ist eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Putzen. Es ist spannend, lustig und sehr unterhaltsam geschrieben und hat meine Freude am Putzen zusätzlich befeuert!
Anne schreibt
Das ist ein richtig motivierender Beitrag, sehr schön geschrieben! Würde das Buch ja gerne lesen, fände es aber effektiver, den Wollmäusen das Buch vorzulesen, damit sie sich von selbst aus dem Staub machen. Vielleicht gibt es Putzen als Passion als Hörbuch?
Ulrike schreibt
Ich fürchte, nein, kein Hörbuch! Da musst Du schon selbst aktiv werden, liebe Anne, sowohl lesend als auch die Wollmäuse verjagend!
Esra schreibt
HAHA! Toller Beitrag Ulrike!! Du weisst ja, ich hatte nie eine Putzfrau aber das putzen auch Spass machen kann, dass hatte ich Dir immer gesagt auch wenn mich es doch manchmal nervt. Die Bücher hole ich mir auf jedenfall! 🙂
Ulrike schreibt
Ja, dass Du immer selbst geputzt hast, Esra, das hat mich schon auch dazu ermutigt!