Diesen Sommer hat es die Alten Marillen› zum Klassentreffen nach Hessen verschlagen. Getreu der Tradition, dass wir uns immer an einem Ort treffen, wo eine unserer ehemaligen Schulkameradinnen lebt, haben wir uns diesmal Fulda ausgeguckt, das hübsche Barockstädtchen am Fuß der Rhön.
Ich selbst war schon mal da – vor vielen Jahren. Das hab ich von einer meiner Klassenkameradinnen erfahren, die damals mit dabei war und die ein besseres Gedächtnis hat als ich. Wir waren wohl 11 oder 12, und in Fulda fand ein Treffen des Heliand-Bundes statt, dem wir damals angehörten. Ich hatte diesen Ausflug ins Hessische total vergessen, aber nachdem ich von dem damaligen Aufenthalt erfuhr, stieg ein vages Bild von einer großen Kirche an einem weiten Platz in mir auf.
Und diese Erinnerungen bestätigte sich dann, als …
Aber der Reihe nach.
Eine liebe Freundin, die nicht allzu weit von hier im oberbayrischen „Pfaffenwinkel“ wohnt, sammelte mich an der Landsberger Autobahnraststätte auf und nahm mich mit. Die Fahrt ging flott – wie immer, hatten wir viel zu bereden, Ehemaliges und Aktuelles, und so verging die Zeit im Nu.
Ankunft und Stadtführung
In Fulda sind wir alle im selben Hotel abgestiegen, einem zentral gelegenen, unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Telekom-Bau, den der berühmte Architekt Sep Ruf ›› in den 1970er Jahren errichtet hat. Das Gebäude strahlt äußerlich immer noch den Charme eines Bürogebäudes aus den Siebzigern aus, die großen Fenster mit der Einfachverglasung waren nicht gerade lärmdämmend, aber sonst war es sehr nett.
Dort also haben wir uns getroffen: elf Mädels und ein Ehemann.
Und gleich ging es mit dem Programm los, das sich unsere fuldaer (manche sagen auch „fuldarer“) Freundin ausgedacht hatte.
Zunächst führte uns ein sehr sympathischer junger Mann, dessen Namensschild-Bändel die Aufschrift „Führungspersönlichkeit“ trug, durch die Altstadt. Er zeigte uns den Dom ›› (hier hatte ich mein Aha-Erlebnis), das Stadtschloss ›› mit seinen Parkanlagen, in denen nach Barockmanier verschiedene Kohlpflanzen mit bunten Stauden ein wunderschönes Ensemble bilden, und durch verwinkelte Gassen mit schönen Fachwerkhäusern. Eine wirklich reizvolle und gut erhaltene Barockstadt ist dieses Fulda!
Und wir stellten mal wieder fest, wie viele sehenswerte Orte es in Deutschland gibt, die man weniger kennt als irgendwelche weit entfernten exotischen Plätze!
Der Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen beim Italiener und danach zogen sich die meisten, müde von der Anreise, in ihre Zimmer zurück.
Ausflug in die Rhön
Für den nächsten Tag war ein Ausflug in die Rhön vorgesehen. Das Wetter war sonnig und warm, gerade richtig für eine Tagestour durch dieses wirklich wunderschöne Mittelgebirge mit seinen weiten Panoramablicken.
Ein Kleinbus mit einem netten und sehr geduldigen Fahrer brachte uns zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten:
Die Fasanerie
Gleich vor den Toren der Stadt liegt mitten im Grünen die Fasanerie›› , die einst die FürstbischöfDDRe von Fulda als Sommerresidenz genutzt haben. Die Fasanerie ist ein schönes Barockschloss aus dem 18. Jahrhundert, das aus mehreren, durch Höfe miteinander verbundenen Gebäudeteilen besteht und von einem weitläufigen Park umgeben ist. Nachdem wir uns dort in aller Ruhe umsehen konnten, ging es in die weite Hügellandschaft der Rhön.
Das DDR-Grenzmuseum
Auf dem Weg zum Dreiländereck, wo Hessen, Bayern und Thüringen aufeinandertreffen, schlug unser Fahrer einen Zwischenstopp in dem kleinen Ort Thaiden vor. Dort gebe es ein „DDR-Grenzmuseum ›› “, das ein privater Sammler auf seinem Grundstück angelegt habe und der freue sich immer über Besucher.
Und der Halt hat sich wirklich gelohnt: auf dem Hang hinter dem Haus des Sammlers (der leider nicht zuhause war) ist ein wahres Raritäten-Kabinett zu sehen. Trabis, Schaufensterpuppen im DDR-Grenzer-Outfit, jede Menge kitschiger Dekokram, Grenzsteine, viele Warnschilder, ein Stück echter Grenzzaun und und und ….
Eine Vielzahl von Skurrilitäten hat der Mann da zusammengetragen, die einen manchmal gruseln, oft den Kopf schütteln lassen aber zum Teil auch sehr erheitern …
Ich frage mich, wie Besucher aus der ehemaligen DDR auf diese Ansammlung von Relikten aus ihrem früheren Leben reagieren. Ob sie nostalgisch werden? Oder erleichtert sind, dass das alles Vergangenheit ist?
Dreiländereck Hochrhön
Am Dreiländereck Hochrhön›› gibt es einen großen Parkplatz, auf dem sich dann auch entsprechend viele Touristen tummeln. Der Platz liegt nahe beim Schwarzen Moor, das zum UNESCO Naturerbe gehört und das eins der schönsten Hochmoore Europas sein soll.
Von dem Parkplatz gehen verschiedene Wanderwege aus, von denen man einen traumhaften Blick über das weite Hügelland hat. Auf der einen Seite schaut man Richtung Bayern, links davon nach Thüringen und hinten hinaus nach Hessen.
Wenige Schritte vom Parkplatzrummel entfernt gelangt man zu der Stelle, wo einst die Thüringer Grenzsoldaten von ihrem Beobachtungsturm ins bayerische und hessische Feindesland spähten. Von hier aus kann man auch einen Höhenweg entlanglaufen, der dem Verlauf der früheren DDR-Grenzmauer folgt.
Hier, an dieser geschichtsträchtigen Stelle, hat unsere Gastgeberin einen schweren, von Löchern durchsetzten Stein gefunden. Sie hat ihn mir geschenkt, zur Erinnerung, weil sie weiß, dass ich auf besondere Steine stehe.
Ich wüßte gern, was das für ein Stein ist. Vielleicht ein Basalttuff vulkanischen Ursprungs, wie er hier in der Rhön, nicht weit von der Fundstelle, abgebaut wird? Ich werde ich ihn jedenfalls in Ehren halten …
Das Fränkische Freilandmuseum Fladungen
Nicht weit vom historisch aufgeladenen Dreiländereck gibt es das Fränkische Freilandmuseum Fladungen ›› , eine weitläufige Dorfanlage mit Kirche, Bauern- und Handwerkerhäusern, die aus verschiedenen Orten der Rhön Stein für Stein hergebracht und authentisch wieder aufgebaut und eingerichtet wurden.
Auf der Wasserkuppe
Nach einem Rundgang durch dieses sehenswerte Museum und einem kleinen Imbiss im angegliederten Restaurant fuhren wir wir weiter zum – im wahrsten Sinn des Wortes – Höhepunkt der Tour: einer Rundwanderung um den kahlen Gipfel der Wasserkuppe ›› , diesem mit fast 1000 Meter höchsten Berg der Rhön, dessen weiter Blick in alle Himmelsrichtungen zum Bau verschiedener ziviler und militärischer Observatorien geführt hat. Da gibt es eine Station des Deutschen Wetterdienstes, ein Gebäude der Flugsicherung und die weithin sichtbare Kuppel des Radoms, der letzten von früher fünf Radaranlagen, die zur Zeit des Eisernen Vorhangs von den USA für ein internationales Frühwarnsystems der NATO genutzt wurden.
Die älteste Segelflugschule der Welt
Die Wasserkuppe ist aber auch Ort der ältesten Segelflugschule der Welt. Und wir hatten Gelegenheit, zuzuschauen, wie ein sehr altes hölzernes Fluggerät (ein Vorkriegsmodell, wie wir gelernt haben), dessen Pilot auf einem campingstuhlartigen Holzsitz festgeschnallt war, von vielen rennenden Menschen und einem Traktor mit Seilen bis zum Hangende gezogen wurde. Dort hob es sich dann in die Luft, um ein paar Meter weiter unten wieder auf den Boden zu plumpsen. Von da zog es der Traktor wieder zum Ausgangspunkt hoch und das Ganze ging von vorne los …
Ausklang
Inzwischen ging es schon langsam auf den Abend zu und unser netter Kleinbuschauffeur brachte uns zur Maulkuppe, wo wir im Fuldaer Haus ein leckeres Abendessen mit schönem Rundum-Panorama genossen.
Nach dem Essen zog unsere Gastgeberin eine Flasche Marillenschnaps aus der Tasche, und so haben die „Alten Marillen“ angestoßen auf die guten alten Zeiten, auf das gelungene Zusammensein heuer in Fulda und auf ein gesundes Wiedersehen im nächsten Jahr, wo auch immer.
Leider gab es diesmal zwei Zwischenfälle, die das unbeschwerte Beisammensein zeitweilig ein bisschen getrübt haben: eine der Freundinnen erlitt einen heftigen Migräneanfall, eine andere bekam einen beunruhigenden Anruf von zuhause.
Doch zum Glück ist am Ende alles gut gegangen, und auch die Heimfahrt im strömenden Regen haben alle gesund hinter sich gebracht.
Schön war’s wieder, unser Klassentreffen, Dank an die liebe Organisatorin!
Bis zum nächsten Jahr also – ich freu mich jetzt schon!
Gertrud Schneider schreibt
Liebe Ulrike,
dein Beitrag ist einfach klasse! Danke, dass du uns damit eine so schöne Erinnerung an unser Treffen geschenkt hast.
Birgitt Holschuh-Lorang schreibt
Wunderbar, liebe Ulrike, das „in Erinnerung-rufen“ all der
großartigen Details dieses Treffens habe ich beim Lesen sehr genossen!
Deine lebendige Schreibweise lässt mich sofort wieder in die
Fulda-Zeitreise eintauchen, die ich selbst auch sehr genossen habe.
Danke dafür!
Birgitt, eine der „Alten Marillen“
Ulrike schreibt
Liebe Mit-Marillen, danke für Eure lieben Anmerkungen! Ich freue mich, dass Euch mein kleiner Erinnerungsbericht gefällt und dass Ihr unseren Fulda-Tripp auch genossen habt!
Gitta Fossen schreibt
Liebe Ulrike! Welch gelungenes Resümee unseres diesjährigen Klassentreffens. Schön,alles nochmal ‚brühwarm‘ nachzuempfinden!! Gut,dass du unsere wenig gelungene letzte Etappe der Rückfahrt nicht erwähnt hast!!!?. Toller Beitrag !!! Beste Grüße von der alten Marille Gitta
Anne Temme schreibt
Liebe Ulrike, wie schön, alles noch einmal Revue passieren zu lassen! Schon mit dem Bericht über unserer Reise nach Wien hast Du mich begeistert, und jetzt, noch druckfrisch die Aufzeichungen mit den sehr gelungenen Fotos unseres Treffens in Fulda, so lebendig und nah. Gerne und oft lese ich Deinen Blog , der so viele Dinge berührt, die auch mich berühren. Voller Vorfreude auf neue Beiträge sage ich Dankeschön.
Annemarie, auch eine alte Marille