In den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts sind wir in den Sommerferien mehrmals mit den Kindern in die Toskana, genauer, in die Maremma gefahren. Wir wohnten damals immer bei Schweizer Aussteigern, die sich in den Hügeln hinter der Küste ein verfallenes Bauernhaus in traumhafter Lage gekauft hatten. Sie hatten die Ruine in Eigenarbeit wieder zu einem wunderschönen traditionellen Bauernhaus hergerichtet, inklusive zwei Zimmern für Gäste.
Dort haben wir uns so wohl gefühlt, dass sich im Lauf der Zeit eine Freundschaft zu den Gastgebern entwickelt hat, aus der in jüngster Zeit sogar familiäre Bande entstanden sind.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Das war noch ein richtiges Auto …
Hier will ich nur erzählen, dass wir bei einem dieser Urlaubsaufenthalte irgendwo einen alten Fiat 500 zum Verkauf stehen sahen. Wir verliebten uns in das knuddelige Ding, hoben an verschiedenen Geldautomaten die erforderliche Summe in Lire ab und kauften das Autochen, das damals schon mehr als 17 Jahre auf dem Buckel hatte.
Nachhause sind wir dann mit zwei Autos gefahren, über viele kleine Nebenstraßen, denn auf die Autobahn haben wir uns mit dem alten Schnauferl nicht wirklich getraut.
Nach einer langen Reise und nachdem auch der Zirler Berg glücklich erklommen war, kamen wir endlich zuhause an.
Viele Jahre lang hab ich den kleinen Idefix (so hat ihn ein Freund getauft, wegen der italienischen Nummer GR – von Grosseto – und weil er irgendwie an das Hündchen von Obelix erinnerte) in München gefahren. Wenn ich an Ampeln halten musste, gab es immer wieder amüsierte Blicke von anderen Verkehrsteilnehmern, und beim TÜV hat man sich gefreut: »Endlich mal ein Auto, bei dem man noch so richtig schrauben kann …«
Irgendwann hab ich Idefix dann verkauft, übrigens an eine ehemalige Autorennfahrerin.
Unser erstes e-Auto
Das ist jetzt viele Jahre her. Und seit kurzem haben wir wieder einen kleinen Fiat 500, allerdings die Elektro-Ausgabe. Es gibt viele (berechtigte) Einwände gegen e-Autos, ich weiß, aber trotzdem denken wir, die Entscheidung, den Benziner gegen dieses kleine Auto einzutauschen, um damit nach München zu pendeln, war richtig. Und bei den aktuellen hohen Benzinpreisen kam diese Entscheidung auch genau zum passenden Zeitpunkt.
Dass es ein Fiat 500 und kein anderer Kleinwagen geworden ist, liegt natürlich an unserer nostalgischen Erinnerung an den kleinen Idefix.
Rein äußerlich gibt es nicht allzuviel Unterschied, obwohl das neue Modell ja doch um einiges größer ist. Trotzdem finde ich die knuddelig runde Form und die halb geschlossenen Augen niedlich, und am knappen Innenraum hat sich auch nicht viel geändert.
ABER …
Die Tücke liegt im Detail
Dieses Auto ist ein Computer auf Rädern. Alles ist elektronisch geregelt. Was das Fahren selbst betrifft: wunderbar! Mit leisem Surren gleitet der Wagen über die Straßen. Meist genügt die Bedienung des Gaspedals: Fuß draufhalten und los geht’s. Fuß ein wenig weg nehmen: es bremst. Fuß ganz vom Gaspedal nehmen: es bleibt stehen. Das war’s.
Doch die Tücke liegt im Detail.
Wenn man zum Beispiel auf der Autobahn überholen will, gibt das Ding wilde Piepsgeräusche von sich, wenn vor, hinter oder zwei Bahnen neben einem ein anderer Wagen fährt. Dazu blinkt hektisch ein Licht am jeweiligen Außenspiegel.
Auf Landstraßen, die keinen aufgemalten Mittelstrich oder eine weiße Seitenbegrenzung haben, zieht das Lenkrad immer mal wieder unvermutet nach links auf die Gegenfahrbahn, als laufe man gerade Gefahr, nach rechts ins Gebüsch abzudriften.
Und manchmal, wenn man arglos vor sich hinfährt, ertönt plötzlich heftiges Gepiepse und eine gelbe Schrift leuchtet auf: Beide Hände ans Steuer!! Obwohl man sie genau dort hat…
Keine Ahnung, ob die Hände einen bestimmten Druck ausüben oder einen passenden Winkel einnehmen müssen, damit das Auto kapiert, dass sie auf dem Lenkrad liegen, wie es sich gehört.
Das Display bedienen: eine Herausforderung!
Schwierig und nicht ungefährlich auch: es gibt keine Tasten oder Knöpfe mehr, mit denen man zum Beispiel einen anderen Radiosender einstellen kann. Nein, man muss während der Fahrt auf dem Display voller winziger Zeichen das richtige finden und auch noch mit dem Finger punktgenau treffen. Das ist oft reine Glückssache – ganz abgesehen von der damit verbundenen Ablenkung vom Straßengeschehen.
So ist dieses neue Autochen voller Herausforderungen und gibt manches Rätsel auf, hinter dessen Lösung auch bei längerem Studium der (natürlich elektronischen) Gebrauchsanweisung einfach nicht zu kommen ist.
Mit der Zeit lernt man aber, auf all die Drohungen und Vorwürfe nicht mehr mit hektischen Fragezeichen zu reagieren und die diversen Warngeräusche zu ignorieren. Meist klappt das, aber noch nicht immer.
Und dann kommt man ins Fluchen und wünscht sich den süßen kleinen Idefix zurück, der noch ein ganz normales Auto war, das jeder verstehen konnte und das genau das machte, was man von ihm erwartet hat: einfach fahren.
Barbara Pinheiro schreibt
Liebe Ulrike, danke für die Warnung! Dann fahre ich doch lieber noch länger meinen 23 Jahre alten, analogen, kleinen Peugeot. Ich stamme eben auch noch aus der Zeit, als die Fahrerin dem Auto klar gemacht hat wo’s langgeht, und nicht umgekehrt.
Ulrike schreibt
Recht hast du, liebe Barbara. Obwohl ich den Fiat inzwischen schon besser kennengelernt hab und weiß, wann ich seinem Gepiepse Aufmerksamkeit schenken muss und wann nicht (meistens nicht!) Ich hab inzwischen auch herausgefunden, mit welchen schnellen Hebeldrückern man das ein oder andere nervige Getue einfach abschalten kann. Langsam überwiegt also das Fahrvergnügen gegenüber dem Fahrer*innenfrust.