Ich liebe Steine. Immer schon habe ich überall auf der Welt besondere Exemplare aufgesammelt und nach Hause geschleppt. Kurz nach der Jahrtausendwende hatten meine Töchter die großartige Idee, mir zum Muttertag einen Steinbildhauerkurs zu schenken.
Schon am ersten Unterrichtstag wusste ich: das ist es! Genau das ist mein Ding: in einem groben, formlosen Brocken die Form zu erspüren, die darin verborgen ist. Diese Form in vielen Stunden geduldigen Schlagens und Raspelns herauszuarbeiten, dabei immer wieder mit den Händen zu tasten, über die sich langsam glättende Oberfläche zu streichen, die verborgenen Adern zu entdecken und glücklich festzustellen, wie vollendet sie die erstrebte Form betonen und ergänzen.
Während der letzten Jahre, in denen unser Unternehmen viel Energie und Kraft beansprucht hat, blieb mir kaum Zeit, mich meinen Steinen zu widmen. Aber jetzt, wo mir das Ende meines Arbeitslebens so viel freie Zeit schenkt, freue ich mich darauf, die vielen angefangenen Stücke weiter zu bearbeiten, und zwar dann, wenn ich mich danach fühle und nicht, wenn ich gerade mal ein bis zwei Stunden abknapsen kann.
Mein Traum wäre es, ein helles und luftiges Atelier mit Blick in die Natur zu finden, wo man auch draußen arbeiten kann. So wie bei dem Studienaufenthalt im Tessin, wo wir unter hellen Planen gegen Sonne und Regen jeden Tag im Freien arbeiten konnten, um uns herum eine großartige, inspirierende Landschaft.
Vielleicht ergibt sich ja mal eine Gelegenheit, etwas im Grünen zu finden, nicht zu weit weg und zu erschwinglichem Preis.
Bis dahin bin ich auch mit meinem unzulänglich beleuchteten und dürftig belüfteten Kellerraum zufrieden. Auch hier stellt sich zuverlässig der Flow ein und macht mich glücklich!
Nachtrag vom Januar 2019:
Seit einem halben Jahr leben wir jetzt am Wörthsee. Meine Bildhaueruntesilien hab ich bei einem Bauern in der Scheune lagern können, vorübergehend.
Es gibt viele Künstler hier in der Gegend, einige habe ich schon gefragt, ob es die Möglichkeit einer Ateliergemeinschaft gibt. Bis jetzt hat sich noch nichts Konkretes ergeben, aber vielleicht hab ich jetzt doch was in Aussicht. Ein Metallkünstler hat angedeutet, dass er eventuell Platz für mich habe. Das wär großartig! Ich hoffe, das wird bald Wirklichkeit. Ich habe so große Lust, weiter an meinen Steinen zu arbeiten …
Annemarie schreibt
Die Liebe zu den Steinen teile ich mit Dir, auch ich habe Sammlungen von Kieselsteinchen , nur möglichst runde, glatte sorgfältig ausgesuchte Steine, daneben große marmorierte Flusssteine aud dem Maggiatal, Sandstein aus den Vogesen, rote Quarze aus Sardinien , wunderschön geschliffene leicht elliptisch abgeflachte Steine von der Atlantikküste in Nordportugal, und …
Deine Skulpturen gefallen mir sehr gut. Die schönen sanft geschwungenen fließenden Formen , Lichtreflexe , die die Rundungen betonen , helle fast transparente Figuren , von großer Leichtigkeit, in einem harmonischen Dialog mit mir als der Betrachtenden.Sie erwecken Erinnerungen an Venedig und an den Alabaster in der Toskana. Ich möchte die Fotografien streicheln und die Skulpturen am liebsten aus nächster Nähe betrachten .
Ulrike schreibt
Vielen Dank für Deine lobenden Worte, liebe Annemarie! Das lässt sich sicher mal machen, dass Du meine Skulpturen aus der Nähe sehen und sie „in echt“ streicheln kannst! Sie mögen das!