Aufgrund eines technischen Problems sind meine letzten Blog-Beiträge seit Mai leider unwiederbringlich gelöscht. So auch der Rückblick auf die ersten 30 Tage in unserer neuen Heimat am Wörthsee, den ich Anfang Juli geschrieben habe.
Deshalb hier eine revidierte Fassung meines früheren Artikels:
Vor zwei Monaten also sind wir nach bald 40 Jahren München-Stadt ins Fünf-Seen-Land gezogen. Zeit für ein kleines Fazit: wie lässt sich das Landleben an?
Der Umzug verlief relativ zügig und ohne größere Katastrophen. Das lag auch daran, dass wir schon ein paar Wochen vorher fast täglich mit Busladungen voller Kisten zur neuen Wohnung fuhren und am Umzugstag selbst nur noch die großen und schweren Sachen zu transportieren waren.
Dann herrschte erst mal das zu erwartende Chaos, vor allem, weil wir eine neue Küche brauchten und diese erst zwei Wochen nach dem Einzug geliefert wurde.
Kaum war die Küche (leider zunächst unvollständig) eingebaut, stand eine Geschäftsreise nach Frankreich an, an die wir ein paar dringend benötigte Urlaubstage anhängen konnten.
Dies war zugleich unsere erste längere Reise mit dem neuen Camper, die wir aus Zeitgründen so gut wie nicht vorbereitet hatten und die entsprechend chaotisch war – doch davon ein andermal….
Gleich nach der Rückkunft standen jede Menge neue Verpflichtungen und Termine an.
Aber immerhin war die Küche dann irgendwann vollständig, die Kisten leerten und die entspannten Momente häuften sich. Denn eins hat sich schon sehr schnell herausgestellt:
Es ist wunderbar, auf dem Land zu wohnen!
Morgens wird man von vielstimmigem Vogelgezwitscher geweckt (nicht nur von Krähengeschrei und und Taubengegurre, wie wir es von der Stadt kannten).
Gegen sieben ruft der Wörthsee zu einem frühen Bad – mich nicht ganz so oft … meine Sportlichkeit so früh am Morgen hält sich in Grenzen. Aber wenn ich es dann mal schaffe, bin ich überwältigt! Der See liegt ganz still im Morgenlicht, das Wasser ist frisch und klar, und bis auf zwei oder drei regelmäßige Morgenschwimmer (inzwischen habe ich gehört, dass manche das bis in den Dezember oder Januar durchziehen!) ist kein Mensch da.
Das anschließende Frühstück auf dem Balkon bietet den Rundumblick ins Grüne. Und tagsüber oder abends gibt es immer wieder Momente, wo man das, was man gerade tut, einfach unterbrechen und an den See radeln kann (3 Minuten), um sich im glasklaren, türkisfarbenen Wasser zu erfrischen und bei Franca & Gene im „il ‚kiosko“ ›› einen Cappuccino zu schlürfen oder bei einem Sundowner der Sonne beim Untergehen zuzuschauen.
Kleine Fluchten, die sich stark nach Urlaub anfühlen!
Die Menschen hier sind unglaublich nett und hilfsbereit, man kommt leicht ins Gespräch, es gibt jede Menge dörfliche Feste und viele kulturelle Angebote vor Ort und in näherer Umgebung.
Immer wieder werde ich seither gefragt: wie sieht es denn mit dem Einkaufen aus? Und ich kann nur antworten: überhaupt kein Problem!
Zum Beispiel hat kurz nach unserem Einzug in der ehemaligen Sparkasse der „Dorfladen“ ›› aufgemacht, mit regionalem Angebot und Biogemüse. Das Fleisch kommt vom besten Metzger der Umgebung, die Backwaren vom Holzofen-Bäcker aus Gauting. Das Angebot ist überschaubar, aber ausreichend, alles, was man braucht, ist hier zu finden. Das Geschäft wird von einer engagierten Kooperative sehr persönlich geführt. Und mittags gibt es kleine selbstgekochte Gerichte, man setzt sich an die mit Wiesenblumen geschmückten Tischchen und plaudert. Jeder kennt jeden, und was auf dem Ladenschild steht, stimmt wirklich: … „von Freunden für Freunde“ ….
Auch sonst sind alle Dinge des täglichen Bedarfs in Radlweite erhältlich: es gibt einen gut sortierten Supermarkt, den freundlichen Türken mit seinen Spezialitäten, und beim alten Fischer kann man nachmittags die Fische kaufen, die er morgens aus dem See gezogen hat.
Wer keine Lust zum Kochen hat, dem steht eine große Auswahl an netten Gasthäusern und Restaurants rund um den Wörthsee und in den umliegenden Orten zur Verfügung, bis hin nach Herrsching oder Starnberg. Je nach Lust und Laune kann man bayrisch-traditionell oder gehoben speisen, und alles zu moderaten Preisen.
Und wenn Termine in der Stadt anliegen – auch kein Problem: mit dem Auto ist sie in etwas mehr als einer halben Stunde zu erreichen und die S-Bahn in Laufnähe bringt einen entspannt direkt ins Zentrum.
Wir haben also in den ersten beiden Monaten nach unserem Umzug feststellen dürfen: Das Fünf-Seen-Land bietet Lebensqualität pur, und die Entscheidung, hierher zu ziehen, war in jeder Hinsicht die richtige.
Wir sind sehr froh und glücklich mit unserem neuen Leben auf dem Land, das sich schon ganz nach „daheim“ anfühlt.
Edith schreibt
Viel Glück, liebe Ulrike, im neu gefundenen Landleben.
Seit einiger Zeit praktiziere ich einige Monate im Jahr la vie rurale in einem 500-Seelen-Dorf im Südwesten Frankreichs.
Jetzt im Sommer ist ein kleines Festival in jedem Dorf und sonntags brocante / Flohmarkt. Allerlei Laiengruppen geben in den umliegenden Kirchen Konzerte. Auch Einkaufen ist nicht weit, und einen Bäcker gibt es bei der französischen Leidenschaft für ihr baguette überall. Selbst der Dorfdoktor ist nahe. Die sympathische Sitte der tablée nocturne führt uns Dorfbewohner – Eingesessene und Expats bunt gemischt – ab und zu auf dem Dorfplatz zum gemeinsamen, abendlichen Schmausen und Wein verkosten an langen Tischen zusammen. Alle haben Zeit, und so lädt man einander zum aperitif oder zum déjeuner ein, ein wenig wie in alten Zeiten. Das Kino unserer nächsten Kleinstadt bleibt in diesem film begeisterten Land aber ganz am Puls der Zeit. Und wenn das Einkochen vom Obst aus dem Garten zuviel wird, und wir zur Abwechslung Stadtluft schnuppern wollen, ist Bordeaux mit dem Vorortzug in Reichweite – wie bei Ihnen München.
Ein Hoch auf das abwechslungsreiche, gesellige Landleben.
Ulrike schreibt
Das klingt auch sehr schön, liebe Edith, das Leben im ländlichen Frankreich! Ich sehe, wir machen sehr ähnliche Erfahrungen!
Gerd Schommers schreibt
Hallo Ulrike, kann vieles oder sogar das meiste zu deinem neuen Landleben bestätigen. Hab’s umgekehrt gemacht. Bin direkt nach meiner Referendarzeit
1979 aus Saarbrücken mit meiner Familie aufs Land gezogen, in eine kleine mittelalterliche Stadt im Westerwald. Um mich rum Natur pur, wo ich bis heute ganz entspannt mit meiner Frau und Hund Oskar unter netten und sehr hilfreichen Leuten lebe. Obwohl wir auf dem Land leben haben wir alles um uns, was man für Leib und Seele braucht.
Die Nettigkeit und das zuvorkommende hilfreiche Verhalten der„Landmenschen“ hält bis heute an.
Dir auch solche gute Erfahrungen mit deinem ländlichen Umfeld.
Gerd
Ulrike schreibt
Lieber Gerd, freut mich total, auf diese Weise von dir zu hören! Schön, dass du meine noch relativ jungen Erfahrungen mit dem Landleben teilst und bestätigst. Inzwischen ist es ja fast Frühling geworden und ich kann nur feststellen: auch die kalte Jahreszeit war reiner Genuss – in jeder Hinsicht!
Andreas Sebastian Müller schreibt
Liebe Ulrike, gerade stolpere ich zum Jahresbeginn 2020 über Deinen fröhlichen Wörthsee-Landreport. Wörthsee, oh ja! Hinziehen – mutig, toll.
Der Aspekt des Genussschwimmers aus der Stadt seit ganz langen Jahren: kein See im Münchner Umland wird früher warm. Badesachen sind allzeit startbereit, erste frühe Runden im See: April, Mai…? Der anschliessende Kaffee z.B. bei Sabine am Steg mit Blick auf die (noch) einsame Seefläche
ist dann meditatives Eigenleben pur.
Ulrike schreibt
Lieber Andreas, danke für deine netten Worte. Inzwischen ist ja noch ein bisschen mehr Zeit vergangen und wir sind nach wie vor sehr glücklich hier. Das „Experiment Landleben“ ist eindeutig gelungen!