Im Juni haben wir eine Messe für Dokumentarfilmer in La Rochelle an der französischen Atlantikküste besucht. Dem Städtchen vorgelagert ist die Île de Ré, eine kleine Insel von etwa 30 km Länge, die vom Tourismus und ihren Salinen lebt. Hier hatten wir in Bois Plage, das liegt etwa in der Mitte der Insel, ein nettes kleines Hotel gebucht, nicht weit vom Strand und mit sehr leckerem Essen.
Wir waren etwas früher angereist und nutzten die freie Zeit, einen Teil der Insel mit gemieteten Fahrrädern zu erkunden. Es war, ungewöhnlich für Mitte Juni, brütend heiß, aber der kräftige Seewind machte die Hitze einigermaßen erträglich.
Mitten in der Pampa stand etwas abseits vom Weg ein alter, kalkweiß gestrichener Turm, der früher offenbar als Speicher für Fischerutensilien genutzt wurde. Hier hatte jemand eine Bar und ein paar Tische und Stühle unter stabilen Sonnenschirmen aufgebaut. Ein handbeschriebenes Schild preist frische Austern und Meeresfrüchte an. Es ist Mittag, das Frühstück ist schon abgearbeitet durch kräftiges Strampeln gegen den Wind. Nichts spricht gegen einen kleinen Imbiss, der sich da so unverhofft anbietet.
Tatsächlich ist das Essen köstlich. Alles superfrisch – die Austern kommen sozusagen aus dem langen Naturbecken gleich neben dem Kiosk direkt auf den Teller, der kühle Weißwein ist die perfekte Abrundung.
Wir kommen mit dem sportlich gekleideten älteren Paar am Nachbartisch ins Gespräch. Es sind Pariser – wie alle Franzosen, könnte man manchmal meinen -, die schon seit Jahren eins der Dorfhäuser in Bois Plage als Ferienheim bewohnen. Er hat lange Jahre als Berater in Deutschland gearbeitet und freut sich, sein Deutsch aufzufrischen. Man plaudert über die Insel, über die Franzosen und die Deutschen und über die jüngste politische Entwicklung.
Und dann, Überraschung!, kommt der Wirt an den Tisch und fragt in schönstem Pfälzisch, ob wir zum Nachtisch sein leckeres Eis am Stil probieren wollen.
Wer hätte das gedacht: dass am anderen Ende von Europa, auf einer Insel im Atlantik, inmitten von menschenleeren Salinenfeldern, ein einfacher französischer Austernzüchter perfekten Dialekt aus Rheinland-Pfalz spricht! Des Rätsels Lösung: er war mal mit einer Deutschen verheiratet, hat lang beim Reifenhersteller Michelin in der Pfalz gearbeitet.
Er ist sehr stolz auf seine Sprachkenntnisse und verabschiedet uns mit einem fröhlichen „Tschüss!“
Ich freue mich über Eure Meinung!