Letzten Montag haben wir uns um 18h zu unserer regelmäßigen Conversazione Italiana in unserer Gemeindebücherei getroffen.
Gleich zu Beginn hat R., unsere italienische Muttersprachlerin, Druck gemacht: »Lasst uns gleich anfangen, ich muss heute schon um 7 wieder gehen. Ich möchte unbedingt in das Konzert vom Goldmund Quartett gehen, und das fängt um 20 Uhr an.«
Goldmund-Quartett ›› ? War das nicht dieses berühmte Streichquartett, dessen Konzert im Münchner Prinzregententheater vor ein paar Jahren uns so super gut gefallen hat?
Die spielen hier in Wörthsee? Wie das? Und wieso hab ich das nicht mitgekriegt?
Wie auch immer, zu spät jetzt. Ich kann die Gruppe ja nicht mehr nachhause schicken, gerade heute, wo so viele gekommen sind …
»Da müssen wir unbedingt hin!«
Trotzdem versuche ich, etwas früher Schluss zu machen als sonst, und als ich um halb 8 nachhause komme und mich an den fertig gedeckten Abendessenstisch setze, erwähne ich, dass heute in der Aula der Grundschule das Goldmund-Quartett auftritt.
Mein Mann ist sofort Feuer und Flamme: »Da müssen wir unbedingt hin!«
Wir schieben uns also schnell eine Scheibe Brot in den Mund und fahren los.
Die Aula ist schon etwa zur Hälfte gefüllt, erstaunlich in Anbetracht der Tatsache, dass der Organisator des Konzertvereins Wörthsee ›› bekannt dafür ist, dass er für seine Konzerte nicht viel Marketing macht. Wenn einem also eines der Programm-Plakate entgeht, ist man auf Freunde und Bekannte angewiesen, die einen auf spannende Konzerte aufmerksam machen. Wie diesmal auch.
Leider fehlt die zweite Seite des Programms …
Dementsprechend hat man offenbar mit wenigen Zuschauern gerechnet, denn das Programm, von dem auch noch die zweite Seite fehlt, ist so sparsam ausgedruckt, dass man es sich durch die Reihen weiterreicht. Immerhin soll es gleich Nachschub geben.
Der kommt dann auch tatsächlich, fünf Minuten, nachdem das Konzert hätte beginnen sollen. Doch auch jetzt ist das Programm nicht vollständig: »Die zweite Seite steckt im Stau, der Drucker hat es nicht ausgespuckt …« so die Erklärung des Organisators.
Aber immerhin, jetzt kann das Konzert beginnen. Wir hören eine Romanze von Gerald Finzi und das Streichquartett Nr. 2 in D-Dur von Alexander Borodin. Es ist großartig, die vier Musiker spielen wundervoll, das Publikum ist begeistert.
In der Pause gibt es noch einmal eine kleine kabarettistische Einlage: Die Musiker warten vergebens auf den versprochenen Imbiss und ihre Getränke.
»Oh, wir haben leider vergessen, die Sachen aus dem Auto auszuladen!«
Einer der Musiker geht also raus zum Parkplatz und holt die Verpflegung und die Trage mit den Wasserflaschen für sich und seine Kollegen.
Der Applaus will nicht enden
Nach dadurch etwas verlängerter Pause geht es weiter mit Robert Schumanns Streichquartett in A-Dur. Es ist wieder ein wunderbares Musikerlebnis, der Applaus will gar nicht enden und es gibt die erhoffte Zugabe.
Der Organisator bringt drei Flaschen Sekt zur Bühne, überreicht sie den Musikern – einer der Vier geht leider leer aus.
Aber was macht das schon! Man kennt sich ja – und es ist die Geste, die zählt!
Als ich etwas verwundert bei den Alteingesessenen nachfrage, wie es kommt, dass ein weltweit anerkanntes Quartett wie Goldmund hier in der Wörthseer Grundschule Konzerte gibt, erfahre ich von einem Gerücht, das besagt, dass die verstorbene Gattin des Organisators, der selbst ein begnadeter Cellist ist (oder war), ihre sehr wertvolle Violine dem ersten Geiger des Quartetts vererbt haben soll und die Gruppe aus Dank dafür regelmäßig einmal in Jahr in Wörthsee auftritt.
Ob das so stimmt, weiß ich nicht, aber es würde natürlich manches erklären …
Ich freue mich über Eure Meinung!