Nach langer Zeit waren wir endlich wieder im Kino: wir haben uns im Rahmen des Fünf-Seen-Film-Festivals ›› im Schloss-Kino Seefeld den Film Unsere Herzen – Ein Klang ›› angesehen.
Ich bin mit gemischten Gefühlen hingegangen, denn das Thema – dirigentengeleitetes Chorsingen – interessierte mich eigentlich nicht so besonders. Als Schülerin hatte ich im Schulchor mitgesungen, mich aber später jedem Gesang verweigert. Ein Grund dafür könnte in meiner Kindheit liegen: Meine Mutter war ausgebildete Opernsängerin, und wenn während der Sonntagsmesse in der Dorfkirche gesungen wurde, hat sie mit ihrer Stimme alle anderen übertönt. Die Leute haben haben dann immer zu uns hergeschaut und ich hab mich schrecklich geschämt – was dazu geführt hat, dass ich mich später jeder Art von öffentlichem Singen entzogen habe.
Eigentlich war es schön, im Chor zu singen
Wenn ich ehrlich bin, hat mir das Singen im Schulchor damals durchaus gefallen. Dieses Aufgehen des Einzelnen in etwas Größerem, auch trotz gelegentlicher Misstöne Teil von einem allumfassenden Wohlklang zu sein, das war schon sehr erhebend.
Ich glaube, jeder, der schon einmal in einem Chor gesungen hat, kennt dieses wunderbare Gemeinschaftsgefühl.
Und genau dieses Gefühl des Miteinander-Verbundenseins überträgt sich in dem Dokumentarfilm des Regieduos Torsten Striegnitz und Simone Dobmeier auf den Zuschauer und schafft eine positive, ja geradezu glückliche Grundstimmung.
Der Film begleitet großartige Protagonisten
Dazu kommen die großartigen Protagonisten, die die beiden Autoren gefunden haben und die den Film durch die zwei Stunden tragen, ohne dass man einen Moment das Gefühl hat, jetzt ist es aber genug.
Da ist der englische Chorleiter Simon Halsey, der Meisterklassen für Chorleitung gibt und der mit Weltstars wie Sir Simon Rattle, aber genauso mit Schulklassen und Amateurchören arbeitet. Halsey hat ausgeprägte Entertainerqualitäten und bringt mit seinem feinen englischen Humor die Chormitglieder genauso wie die Kinozuschauer immer wieder zum Lachen.
Dann ist da die Berliner Gesangspädagogin und Sängerin Judith Kamphues, die »Queen of Warm-ups«, wie Halsey sie bei einem Dirigentenwettbewerb vorstellt. Es ist herrlich, mit anzusehen, mit wieviel warmherzigem Elan und Witz sie die Chorsänger vor Proben oder Auftritten in die richtige körperliche und mentale Verfassung bringt.
Umwerfend ist auch, mit welcher Begeisterung sie die Frauengruppe namens »Ultrasound«, die sich in einer gynäkologischen Praxis (!) gefunden hat, motiviert und zu einem hochprofessionellen Frauenchor macht: »Das ist einfach eine total tolle Erfahrung, was man aus Menschen herausholen kann, die denken, dass sie das nicht können.«
Und die dritte Persönlichkeit, die der Film begleitet, ist die junge Koreanerin Hyunju Kwon, die in Mannheim lebt und zu dem am Anfang des Films gezeigten Dirigentenwettbewerb gekommen ist, weil sie hofft, zur Meisterklasse zugelassen zu werden. Für sie würde das bedeuten, ein Visum für mindestens zwei weitere Jahre zu bekommen und damit die Chance, sich zur Weltklasse weiterzubilden.
»Ohne Chor bin ich nichts«
Der Film zeigt die persönlichen Hintergründe und Karrieren der drei Protagonisten, ihre Ziele und Wünsche. Er zeigt auch ihre Probleme durch die Corona-Pandemie und den jeweiligen Umgang damit: »Ohne Chor bin ich nichts« sagt zum Beispiel Hyunju Kwon, die während des Lock-Downs in ihre Heimat Korea zurückgereist ist und dort untätig die Zeit totschlagen muss.
Und der Film zeigt die magische Kraft des gemeinschaftlichen Singens und die inspirierende Rolle, die den Dirigentinnen und Dirigenten dabei zukommt.
Mit Vorbehalten bin ich in den Film gegangen.
Und was soll ich sagen: ich bin begeistert wieder herausgekommen.
Am 22. September kommt »Unsere Herzen – Ein Klang« in die Kinos. Unbedingt anschauen!
Barbara Pinheiro schreibt
Liebe Ulrike, Deine Begeisterung für den Film überträgt sich. Du hast ihn sehr eindrucksvoll geschildert. Danke auch für die Einblicke in Deine persönlichen Erfahrungen mit dem Singen!
Ulrike schreibt
Falls du dir den Film ansiehst, liebe Barbara, würde ich mich freuen, zu erfahren, ober er dir auch so gefallen hat.
Andreas Sebastian Müller schreibt
Liebe Ulrike, Deine Entdeckerfreude, Begeisterung und journalistische Kompetenz sind mal wieder ein wunderbarer Mix – ja, und Matthias Helwigs Kino Breitwand allzeit eine Institution im Seefelder Schlossambiente.
Danke für Deine Anregung!
Ulrike schreibt
Lieber Sebastian, vielen Dank für dein nettes Kompliment … und ja, du hast Recht: Das Kino im Schloss Seefeld ist ein echtes Highlight und es ist immer wieder eine Freude, hinzugehen!